Unsere unglaublich umständliche Reise nach Japan

Freitag, 27.März 2015

Es ist fünf Uhr morgens, als mein Wecker zum ersten Mal klingelt. Wie gut, dass ich gestern ein paar Gläser über den Durst getrunken habe, und ich mich hundeelend fühle. Als ich zum tausendsten Mal die Schlummer-Taste betätige ist es bereits 05:30 und ich muss nun wirklich aufstehen, da der Transfer mich um 06:20 abholt. Also schnell ab in die Dusche, irgendwelche Klamotten aus dem Schrank zerren, alles restliche in den Koffer werfen, das Handgepäck fünf mal neu packen, und dann läutet auch schon mein Telefon, und ich muss schleunigst nach draußen, weil das Taxi wartet. Das hast du wieder mal toll gemacht Iris, zu viel getrunken und einfach irgendwas eingepackt – obwohl ich doch schon Wochen im Voraus so tolle Packlisten erstellt hatte >.>
Die Fahrt nach München dauert knappe 3 Stunden und ich schlafe die meiste Zeit meinen Kater aus – Mann ist das ärgerlich, ich kann doch nicht verkatert eine Langstrecke fliegen?! Fünf Minuten nach meiner Ankunft am Flughafen kommt auch Malie in die Halle und wir gehen erstmal raus um eine zu rauchen – Malie ahnt bereits jetzt, was die nächsten 2 Wochen auf sie zukommen wird 😛

Beim Check-In verläuft alles glatt, mein Koffer wiegt aber bereits beim Hinflug 20kg und ich verfluche schon jetzt das sperrige Nutellaglas, das ich für Micha eingepackt habe. Ich kann doch nicht schon mit 20kg Gepäck hinfliegen, ich muss doch noch shoppen!!! Ich bin jetzt schon angepisst, vor allem weil ich panische Angst vor dem Flug mit Air China habe, nachdem genau drei Tage vor unserem Flug eine Germanwings Maschine über den französischen Alpen zerschellt ist.

Bei der Sicherheitskontrolle lassen die Malie erstmal ihre komplette DSLR auseinander nehmen und begutachten alles bis ins Detail, um uns dann nach zehn Minuten der Verwirrung einen guten Flug zu wünschen. Wozu das nötig war fragen wir uns bis heute, aber wahrscheinlich war unser rebellisches Auftreten daran schuld XD Malie ist Vegetarierin, also habe ich für sie vegetarisches Essen an Bord bestellt. In weiser Voraussicht habe ich auch für mich vegetarisches Essen bestellt – chinesischem Essen stehe ich eher skeptisch gegenüber. In letzter Sekunde fällt mir ein, dass ich vielleicht noch ein paar Brötchen kaufen könnte – für den Fall, dass auch das vegetarische Essen unerträglich ist. Also stelle ich mich brav an und warte bis ich dran komme. Und das dauert, und dauert, und dauert und irgendwann werde ich wirklich nervös, denn ich höre nun schon folgende Durchsage: “Attention please, this is the final call for CA828 to Shanghai Pudong International Airport”. Jetzt aber fix, ich schmeiße das Geld auf die Theke, laufe zum Gate und bin froh, dass ich noch rein darf. Wie hätte das denn ausgesehen? “Joa, wir haben den Flug verpasst, weil wir noch Brezeln kaufen wollten.” Wir sind fast die letzten Passagiere, die die Maschine betreten, und ich bin außer Atem. Es ist 11:50 als das Flugzeug abhebt.

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Wie jedes Mal habe ich bereits im Vorfeld Sitzplätze reserviert, aber ich hab so ein Talent dafür, die falschen auszuwählen. Beim letzten Mal saßen wir genau auf (Neben? Bei? Wie auch immer, ihr versteht mich schon) den Tragflächen und konnten so nicht gut raus sehen. Dieses Mal hielt ich es für äußerst gewieft, die Plätze so zu reservieren, dass hinter uns keine Sitze mehr sind – dann können wir uns zurücklehnen, ohne jemandes Knie im Rücken zu haben – schlau von mir, nicht wahr? Dummerweise befinden sich die Toiletten nun unmittelbar hinter uns, und das stinkt nicht nur, das lärmt auch. Malie sitzt am Fenster und ich daneben. Neben mir gehen die Leute in Richtung Toilette, und zwar erst dann, als ich schlafen möchte. Jeder zweite schubst mich beim Vorbeigehen, die unzähligen Babies schreien durchs gesamte Flugzeug, und die Klospülung reißt mich mindestens hundert Mal aus meinen Träumen. Nach einiger Zeit wachen Malie und ich auf, und sind schockiert darüber, dass es nun immer noch 6 Stunden sind, bis wir in Shanghai landen. Die Zeit vertreiben wir uns dann mit dem Entertainment System, das Malie wirklich zu entertainen scheint, mich eher nicht so. Wir packen zur Vorsicht die Polster von Air China ein, weil die Kissen in japanischen Hotels meistens ziemlich hart sind – der Rebellion erster Teil! Nach einem halbwegs guten Frühstück und ganzen elf Stunden Flugzeit dürfen wir das Flugzeug endlich verlassen, wir sind zumindest schon mal in Asien, weiter geht’s!

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Samstag, 28.März 2015

Es ist 06:00 Ortszeit, als wir am Shanghai Pudong International Airport landen. Eigentlich wollen wir so schnell es geht zu unserem Gate für den Weiterflug, denn das Nikotin ruft schon laut und deutlich nach mir, aber da haben wir nicht mit den Chinesen gerechnet. Als die Dame von Air China unsere Boardingpässe gecheckt hat, müssen wir erstmal warten, bis alle anderen Transit Passagiere fertig sind, und zwar nicht nur die mit Weiterflug nach Tokyo, sondern auch die mit sämtlichen anderen Anschlussflügen, woohoo. Wir fühlen uns wie im Kindergarten, als wir dann alle gemeinsam zur Sicherheitskontrolle gebracht werden. Die uniformierten Chinesen wirken irgendwie einschüchternd, keiner lächelt, alle blicken einen streng an. Die meisten erinnern mich an Kim Jong Un, das Gesicht und die Frisur erinnern sehr an den sympathischen Nordkoreaner xD Kurze Erinnerung am Rande: ich habe ja 2013 in Tokyo bereits gelernt, dass man nur ein Feuerzeug pro Person mit ins Handgepäck nehmen darf, “one lighter per person” – einfach draufklicken um den Post von damals aufzurufen 😉 

Ich hab mich also brav daran gehalten, und was passiert dann in Shanghai??? Der chinesische Kim Verschnitt, der das Handgepäck kontrolliert, nimmt mir mein (einziges) Feuerzeug weg und grinst mich blöd an, “because chinese regulation”. Ach, leck mich doch am Arsch, wie soll ich denn jetzt eine rauchen? Malie erkennt die Wut in meinen Augen und sucht mit mir auf schnellstem Wege eine Raucherbox auf, vielleicht hat da ja irgendjemand Feuer XD Und tatsächlich, an der Wand ist eine interessante Box angebracht, in der sich vier Feuerzeuge befinden, die mit einem Schloss versperrt sind. Ich weiß nicht, wie ich das am besten erklären soll, also hier das Bild dazu:

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Endlich. Mit einem Grinsen im Gesicht bleibe erstmal in der Box und freue mich, dass das doch noch geklappt hat mit dem Feuer. Malie spaziert inzwischen am Flughafen herum, geht in alle Souvenirshops, kommt dann zurück zu mir in die Box und erzählt mir ganz aufgeregt, was es da für schöne Sachen zu kaufen gibt, und ob wir noch genügend Zeit hätten, um einzukaufen. Und plötzlich fällt mir ein, dass wir nur im Besitz von Euros und japanischen Yen sind, jedoch keine RMB bei uns tragen. Oh Mist, warum ist uns das nicht eher aufgefallen? Hoffentlich können wir irgendwie bezahlen, sonst müssen wir verdursten! Wir gehen erstmal zu Burger King um etwas zu trinken zu kaufen. Die Bedienung ist sowas von unfreundlich, versteht aber zum Glück, dass wir nur Yen dabei haben, und damit bezahlen möchten. Funktioniert auch alles, wir haben unsere große Cola und können uns erstmal hinsetzen und Koffein tanken, denn die Strapazen sind noch lange nicht vorbei. Spätestens am Gate sind wir hundemüde, ich beginne, ein paar Zeilen in mein Notizbuch zu schreiben, und Malie döst vor sich hin, wundert sich ab und an über den speziellen Kleidungsstil der Asiaten und döst weiter. Die chinesischen Durchsagen gehen uns langsam auch auf die Nerven, die Sprache klingt so schrecklich.

Den dreistündigen Flug von Shanghai nach Tokyo Narita verpennen wir komplett. Ab und an weckt uns eine Stewardess auf, um uns Essen und Trinken zu servieren. Um 13:50 Ortszeit landen wir endlich in Tokyo, und ich bin den Tränen nahe, als ich das Flugzeug verlasse. Erstmal das obligatorische Foto vor dem “Welcome to Japan” Schild und dann geht’s auch schon zur Immigration, die diesmal verhältnismäßig lange dauert. Danach schnappen wir unsere Koffer und bemerken erstmals, dass an Malies Koffer eine Rolle fehlt – Applaus für Air China! Der Koffer fällt dauernd um und ich ahne schon, dass uns das noch sehr viel Spaß bereiten wird 😛 Nach einer Zigarette ziehen wir uns auf der Toilette um und machen uns frisch, wir sind nun schließlich schon seit 27 Stunden auf den Beinen und kein schöner Anblick mehr. Danach machen wir uns auf die Suche nach der Post Office, wo unsere Prepaid Sim für das Internet auf uns warten soll. Und tatsächlich, bei der Lieferung ist nichts schief gelaufen und wir können das Paket ohne Probleme entgegennehmen!!! Die Bedienung ist so einfach, dass wir erstmal alles falsch machen, und schön langsam schlechte Laune bekommen, ich zumindest. Wir machen alles genau laut Anleitung, doch es funktioniert nicht. Ein alter Japaner versucht uns zu helfen, kennt sich aber auch nicht aus und geht wieder. Wir laufen zum Docomo Helpdesk, und treffen unterwegs einen anderen Gaijin, der das selbe Problem mit der Karte zu haben scheint. Nach etlichen Versuchen und fachmännischer Hilfe von Docomo wird der Fehler behoben: Mobile Daten ein, Roaming aus – so einfach wär’s gewesen! Immerhin funktioniert jetzt alles und wir können den Japan Rail Pass umtauschen gehen.

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Mittlerweile ist es schon nach 16:00 und wir sollten nicht mehr allzu viel trödeln. Die Schlage am JR Schalter ist unglaublich lang, die Schultern schmerzen vom Rucksack, die Oberarme ziehen vom Gepäck-Schleppen, und Malies Koffer kippt alle paar Meter zur Seite. Nach etwa 45 Minuten des Wartens werden wir erlöst und kommen endlich dran, unser Rail Pass wird umgetauscht, wir können den N’EX nutzen (yay!) und unsere Plätze für den Shinkansen nach Kyoto sind auch reserviert. Wir fahren also mit dem N’EX (genialstes Zug-Klo EVER!!!) etwa eine Stunde bis nach Shinagawa, wo wir dann in einen Shinkansen umsteigen. Nach weiteren drei Stunden Fahrt erreichen wir endlich die Kyoto Station und müssen nun nur noch… ja, wohin denn nun eigentlich? Zur Fushimi, zur Inari, oder zur Fushimi-Inari Station? Ich hatte noch die JR Nara Line im Kopf also fahren wir zur Inari Station und sind Gott sei Dank richtig, denn ich kenne den Ausgang von Google Street View XD

Ein paar betrunkene Teenager fragen woher wir kommen, flippen bei “Austria” förmlich aus, und wollen einen High-Five. Es ist nun schon nach 22:00 und weit und breit ist kein JR Mitarbeiter zu finden. Na toll, und wie kommen wir jetzt durch’s Gate??? Eine Japanerin sieht unsere verzweifelten Blicke, kommt zu uns rüber, und zeigt uns, dass wir den Rail Pass nur auf eine Vorrichtung am Gate halten müssen. Dann drückt sie einen Knopf und der JR Mitarbeiter sagt per Lautsprecher, dass wir durchgehen können, und er das Gate nun öffnet. Da war wohl tatsächlich ne Kamera und ein Mikrofon im Gate versteckt, wo gibt’s denn sowas??? Wir sehen das erste Torii auf der anderen Straßenseite und lassen alles liegen und stehen. Es sieht so wunderschön aus, alles ist so ruhig und idyllisch, und ich platze fast vor Freude. Endlich sind wir da, ENDLICH! Also fast, denn wir müssen noch zum Hotel. Dank meinen Google Street View Skills sind wir aber nach zwanzig Minuten (gefühlten zwei Stunden aufgrund von Malies umfallenden Koffer) dort und können auf unser Zimmer. Nach 35 Stunden sind wir angekommen, und trinken erstmal ein Asahi Sakura Bier, das zu unserer Enttäuschung nur nach Bier schmeckt. Völlig erschöpft und hundemüde fallen wir in’s Bett und dürfen endlich schlafen!

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